Die Versöhnungsgemeinde fördert seit vielen Jahren ein Projekt in der südbrasilianischen Stadt Santo Antonio da Platina, das die arme Bevölkerung unterstützt. Ursprünglich waren es vor allem Erntetagelöhner und deren Kinder. Diese in Armut lebenden, oft nicht des Lesens und Schreibens kundigen Menschen wurden und werden „Boias–Frias“, „Kaltesser“, ,,genannt, weil sie während des Tages kein warmes Essen zu sich nehmen. Durch die tiefgreifenden technischen Veränderungen in der Landwirtschaft arbeiten diese Menschen heutzutage allerdings weitgehend in anderen schlecht bezahlten und unsicheren Jobs oder sie sind ohne Einkommen. Das Herz des Projektes ist ein Hort, in dem etwa 100 Kinder und Jugendliche schulische Nachhilfe bekommen und mit Essen versorgt werden. So müssen sie nicht zum Lebensunterhalt der Familien beitragen, sondern erlangen einen Schulabschluss, der ihnen eine Zukunftschance bietet.
Corona in Santo António da Platina, Brasilien
Corona in Brasilien ist eine verwirrende Angelegenheit. Bisher gab es nach Informationen der renomierten Tageszeitung Folha de Sao Paulo (Stand 13.11.20) 5,8 Millionen infizierte Menschen und fast 165.000 Tote. Ca. 25600 Menschen sind an einem Tag positiv getestet worden und 403 verstorben.
Die in meinen Augen sehr chaotische und ignorante Corona-Politik des brasilianischen Präsidenten Bolsonaro hat die Situation – um es freundlich auszudrücken – nicht leichter gemacht.
Auf der anderen Seite sind die Zahlen insgesamt rückläufig. Es ist auch nicht so, dass alle Krankenhäuser völlig überfüllt wären. Wir wissen durch Familienangehörige meiner Frau, die im medizinischen Bereich arbeiten, dass im Großraum Sao Paulo Kapazitäten auf den Intensivstationen vorhanden sind.
Santo António da Platina, ist von der Epidemie nicht verschont geblieben. Bis zum 15.11.20 wurden 3654 Menschen getestet, davon waren 471 erkrankt. Fünf der Kranken verstarben. Allerdings wurde zu Beginn der Krankheitswelle kaum getestet.
Die Präventionsmaßnahmen beherrschten und beherrschen das Alltagsleben. In der Stadt waren deshalb 14 Tage lang alle Geschäfte, außer den zur Versorgung unbedingt notwendigen, geschlossen. Die „systemrelevanten“ Geschäfte hatten wie bei uns für Hygienemaßnahmen und eine Begrenzung der eintretenden Kunden Sorge zu tragen.
Die öffentlichen Schulen in der Stadt sind bis heute geschlossen. Ebenso waren die Privatschulen oder auch die Kirchen zu. Bei Letzteren fanden wie bei uns die Gottesdienste online statt. Erst seit einiger Zeit gibt es wieder Lockerungen. Jetzt dürfen wieder 50 Prozent der für den Kirchenraum grundsätzlich zugelassenen TeilnehmerInnen teilnehmen.
Auch das Boias-Frias-Projekt war im Rahmen dieser Vorsichtsmaßnahmen am 24. März geschlossen worden. Erst vom 15. September 2020 an konnte und durfte es wieder öffnen. Dennoch blieben die MitarbeiterInnen, deren Gehälter zum Glück weitergezahlt werden konnten, nicht untätig. Zwei Mal pro Woche verteilten sie Lernmaterialien an die Familien der Kinder. Außerdem wurden durch die MitarbeiterInnen Grundversorgungsäcke
an bedürftige Familien zusammengestellt und weitergegeben, um deren Not zu lindern.
Denn die Coronakrise hat die brasilianische Wirtschaft und damit viele
Menschen der niedrigen Gehaltsstufen hart getroffen. Hinzu kommt, dass in den letzten Monaten die Grundnahrungsmittel stark angestiegen sind. Die Regierung hat zwar von April an ein Unterstützungsgeld an Bedürftige ausgezahlt. Seit September beträgt es jedoch nur noch die Hälfte.
Etwa 65 Prozent der Kinder, die im März das Projekt besuchten, werden im Moment wieder betreut. Einige Kinder haben sich an das „bequeme“ schulfreie Leben gewöhnt und werden von ihren Eltern weder unterstützt noch gedrängt, den alten regelmäßigen Lebens- und Lernrhythmus erneut aufzunehmen.
Umfassende Schutzmaßnahmen sind eingerichtet worden. Besuchten die Kinder früher in zwei Gruppen à 50 Personen vormittags und nachmittags die Einrichtung, so sind es nun vier Gruppen: Zwei am Vormittag ( 7.30 – 9.00 Uhr und 9.30 – 11.00 Uhr ) und zwei am Nachmittag ( 13.00 – 14.30 und 15.00 – 16.30 Uhr ). Die Betreuungszeit für jedes Kind verringert sich dadurch leider.
Die Kinder werden am Eingang empfangen, Fieber wird gemessen, dann folgen hygienische Maßnahmen. Auch muss jedes Kind seinen Mundschutz mit dem vom Projekt gestellten austauschen. Danach essen etwa sieben Kinder gleichzeitig. Sie sind verteilt im Essenssaal. Je zwei Kinder sitzen an einem für acht Personen geeigneten Tisch.
Danach machen sie Sport, dann werden diese sieben Kinder in zwei verschiedenen Räumen bei den Schulaufgaben unterstützt. Andere Kleingruppen folgen wiederum einem etwas anderen Ablauf, sodass die Kinder keine Gelegenheit bekommen, in einer größeren Ansammlung zusammenzustehen und sich anzustecken. Das Betreuungspersonal reinigt danach wieder die benutzten Gegenstände.
Covid-19 ist wirklich ein globales Problem.
Im Moment muss sich das Projekt sowieso mit finanziellen Einbußen beschäftigen. Durch eine Umstrukturierung ist seit einiger Zeit nicht mehr die methodistischen Kirche der Region für die Finanzierung zuständig, sondern die methodistische Gemeinde der Stadt. Diese jedoch hat dieses Jahr die Zuschüsse um etwa 10 Prozent gekürzt und wird nächstes Jahr weitere zehn Prozent weniger geben. Das Projekt muss sich deshalb vermehrt um andere finanzielle Quellen kümmern.Spenden werden also in Zukunft eine noch größere Rolle spielen.
Wenn Sie auch das Projekt unterstützen wollen, können Sie Geld auf folgendes Konto der Ev. Versöhnungsgemeinde überweisen:
IBAN: DE45 5206 0410 0004 1037 50
Evangelische Bank, Kassel,
BLZ 520 604 10 ,
BIC: GENODEF1EK1
Ihr Jörg Oeding
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